Schutzzertifikat für Aids-Präparat TRUVADA® für nichtig erklärt
Ausgabejahr 2018
Datum 17.05.2018
Im Rechtsstreit vor dem Bundespatentgericht um den Rechtsbestand des ergänzenden Schutzzertifikats für das Kombinationsarzneimittel und Blockbuster Aids-Präparat TRUVADA®, welches zur HIV-Behandlung und zur HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe zugelassen ist, konnten die vier klagenden Generikahersteller gegen die Rechteinhaberin und Herstellerin des hochpreisigen Arzneimittels, dem Pharmazie- und Biotechnologieunternehmen Gilead Sciences, Inc. aus den USA, in erster Instanz obsiegen. Gegen dieses Urteil kann noch Berufung zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe eingelegt werden.
Der 4. Nichtigkeits-Senat des Bundespatentgerichts hat durch Urteil vom 15.05.2018 (Aktenzeichen 4 Ni 12/17, verbunden mit 4 Ni 14/17, 4 Ni 19/17 und 4 Ni 21/17) das für die Wirkstoffzusammensetzung zweier antiretroviraler Wirkstoffe (Tenofovir Disoproxil und Emtricitabin) erteilte und angegriffene Arzneimittel-Schutzzertifikat für nichtig erklärt und damit die Rechtsauffassung der Klägerinnen bestätigt, dass dieses nicht hätte erteilt werden dürfen, wodurch die Beklagte kein ausschließliches Vermarktungsrecht für Arzneimittel mit diesen Wirkstoffen mehr hat.
Das unter der Marke TRUVADA® vertriebene Arzneimittel hat nicht nur große Bedeutung als HIV-Medikament, sondern beschäftigt im Hinblick auf den Schutz durch Arzneimittel-Schutzzertifikate auch europaweit angerufene Gerichte (so z.B. Tribunal De Grande Instance De Paris, Barcelona Commercial Court) einschließlich den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH). Dieser wurde im Rahmen eines Vorabersuchens zur Auslegung der Verordnung (EG) 469/2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (AM-VO) durch den Londoner High Court of Justice angerufen. Ergänzende Schutzzertifikate für Arzneimittel werden von den nationalen Ämtern erteilt, so in der Bundesrepublik Deutschland durch das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA).
Dem jetzigen Urteil vorangegangen war bereits im Juli 2017 eine vorläufige negative Bewertung des Rechtsbestands des nunmehr nichtig erklärten Arzneimittel-Schutzzertifikats durch den 4. Senat im Rahmen eines sogenannten qualifizierten Hinweises mit der Folge, dass im parallelen Verletzungsrechtstreit vor dem LG München (Urteil vom 17.08.2017 – 7 O 11152/17) in insgesamt sieben einstweiligen Verfügungsverfahren entsprechende Unterlassungsbegehren der Firma Gilead im Hinblick auf die Auffassung des Bundespatentgerichts als unbegründet zurückgewiesen wurden. In der Folge sind seit August 2017 Generika gelistet, die deutlich unter dem Listenpreis des Originals liegen.
Az.: 4 Ni 12/17
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